Deshalb bin ich für die Gründung einer kommunalen Baugesellschaft!

Fragen an unseren Kandidaten Jürgen Sieling

 

Jürgen, du setzt dich für die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft ein. Warum?

Ganz einfach. Ich habe in meiner Bürgermeisterzeit leider erfahren müssen, wie häufig Mitbürgerinnen und Mitbürger aufgrund persönlicher Lebensumstände und zum Teil tragischer Schicksalsschlägen kurzfristig ihre bisherige Wohnung verlassen müssen und dann bei der Gemeindeverwaltung Hilfe suchten.

Unsere ca. 170 Sozialwohnungen halfen und helfen da nicht?

Kaum! Denn einerseits wird dort sehr selten etwas frei und wenn doch, hat die Gemeinde seit einigen Jahren aufgrund des Wegfalls der Belegungsrechte keinerlei Mitbestimmungsrecht mehr bei der Vergabe durch den Eigentümer. Aber auch als wir dieses „Vorschlagsrecht“ noch hatten, kollidierten akute Notlagen immer mit dem Anrecht der zum Teil seit über 10 Jahren auf der Warteliste stehenden Personen. Kurzum: Die Kommune hat zurzeit keine Chance in Bedrängnis gekommenen Bürgerinnen und Bürger im Hinblick auf eine neue Wohnung zu helfen. Hier wird aus meiner Sicht der Staat (also hier die Kommune) dem Grundrecht auf Wohnen in keiner Form gerecht.

Aber es wird doch an allen Ecken und Enden im Kreis gebaut. In Egelsbach entsteht das Wohngebiet „Leimenkaute“. Bringt dies keine Entspannung?

Es stimmt! Es wird viel, für mein Empfinden in manchen Kommunen, zu viel gebaut. Denn der notwendige Infrastrukturausbau (Straßen/Kinderbetreuung/Schulen) kann in diesem Tempo gar nicht folgen. Zudem wird zumeist im mittleren und höheren Preissegment gebaut. Das ist aus privater Bauherrensicht verständlich. Denn in Zeiten der historisch geringen Zinsen kann sich eine größere Personengruppe ein höherpreisiges Haus oder größere Wohnung leisten. Und je höher der Erstellungswert, desto höher der Gewinn. Marktwirtschaftlich logisch, sozialpolitisch jedoch ein enorme Fehlentwicklung. Aufgrund dieser Marktmechanismen wird für die finanziell schlechter gestellte Bevölkerungsgruppe zu wenig oder eben gar nicht gebaut.

Eine kommunale Baugesellschaft muss aber doch auch Geld verdienen!

Ja, aber keinen Gewinn erwirtschaften. Der Gemeindevertretung liegen Gutachten und Berechnungen für verschiedene Ausgestaltungsformen einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft vor. Es gibt mehrere Varianten, die einen Betrieb ohne Verlust ermöglichen. Zugleich aber auch Mietpreise deutlich unter dem weiter steigenden Marktniveau erlauben und somit bezahlbaren Wohnraum für die erwähnte Personengruppe ermöglichen.

Welche Vorteile bringt eine kommunale Baugesellschaft noch?

Vor allem die Tatsache, dass ein lokales Gremium ( das in engem Kontakt mit den Interessenten steht) darüber entscheidet, wer wann wo zu welchen Konditionen wohnen kann. Denn wir müssen beachten, dass diese Personen auf dem freien Markt zumeist an einer weiteren Hürde scheitern: Der Bonitätsprüfung durch Banken und/oder Hauseigentümer. Auch die BewerberInnen für eine staatlich geförderte Sozialwohnung müssen sich dieser Hürde stellen. Natürlich muss auch eine kommunale Wohnungsgesellschaft darauf achten, dass die Mieteinnahmen fließen. Aber es könnten eben noch weitere Kriterien der Bedürftigkeit bei der Vergabe eine Rolle spielen. Diese Flexibilität stellt für mich ein hohes sozialpolitisches Gut dar.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer Umsetzung?

Der Grundsatzbeschluss ist bereits gefasst. Es ist jetzt an der Verwaltung an der konkreten Umsetzung zu arbeiten. Dann bekommt die Gemeindevertretung  diese zur Beschlussfassung vorgelegt. Dann wollen wir für Unterstützung in den anderen Fraktionen werben.